Bright Light Bright Light feiert den Gay-Club-Sound seiner Jugend. Australiens neuer sexy Queer-Pop-Stern: Ethan. Britischer Dance-Pop wird global: Becky Hill. Peggy Gou reaktiviert die Club-Kultur der 90er-Jahre. Rebellisch und sensibel: girli aus London. Die sapphischen Enthüllungen der Billie Eilish. Jenseits der Genre- und Geschlechter-Grenzen: Crystal Murray. Santa: das nostalgische French-Pop-Album der Sängerin von Hyphen Hyphen. Der eklektische Italo-Pop von Angelina Mango. Ben Platt in melancholischer Folk-Pop-Manier. Experimenteller Singer-Songwriter-Pop mit John Grant.
BRIGHT LIGHT BRIGHT LIGHT
Enjoy Youth (YSKWN! / Rod Thomas)
Der walisische Singer/Songwriter Rod Thomas alias Bright Light Bright Light hat in seiner Wahlheimat New York die Inspiration für sein neues Album gefunden. Auf dem unheimlich campy «Enjoy Youth» besinnt sich der unabhängige Künstler auf seine Teenagerjahre in den Gay Dance-Clubs, wo Disco, Synth-Pop und House die Tanzfläche zum schwulen Himmel machten. Passend dazu trägt BLBL stolz einen dicken Porno-Balken. BLBL hat mit einigen Acts und Produzenten aus seiner Jugend zusammenarbeiten können, wie dem Broadway-Star Mykal Kilgore, der Dance-Ikone Ultra Naté, Beth Hirsch vom «Moon Safari»- Album von Air und Berri, die 1994 mit «Sunshine After The Rain» einen Top-5-Hit gelandet hat. Als Co-Produzenten fungierten u.a. Babydaddy von den Scissor Sisters und der britische Pop-Superstar-DJ Richard X.
ETHAN
Divine Intervention (ETHAN)
Nach Olly Alexander und Troye Sivan gehen auch andere jüngere männliche Pop-Stars in die Sex-Offensive. EthanChoryin Luo, ein schwuler Produzent, Sänger und Songwriter aus Neuseeland mit Wohnsitz in Sydney, sieht nicht nur wie ein junger griechischer Gott in seinen Zwanzigern aus, sondern ist auch unglaublich talentiert. Auf seiner EP «Divine Intervention» rockt Ethan mit heissen House- und R&B-Rhythmen und nacktem Oberkörper den schwulen Dancefloor. Wir schwitzen gerne mit.
BECKY HILL,
Believe Me Now? (Polydor / Eko Records Release)
Als polyvalente Vokalistin und Kollabo-Künstlerin hat die Britin Becky Hill die Dance-Tracks aller EDM-Acts aufgewertet, die Rang und Namen haben, u.a. David Guetta, Oliver Helden und Chase & Status. Mit ihrem zweiten Album «Believe Me Now?» festigt Becky Hill einmal mehr ihren Ruf als brillante queere Eurodance-Queen. Sie schüttelt nicht nur Trance-, EDM- oder Deep-House-Hymnen aus den Ärmeln, sondern schmückt sie mit persönlichen Songtexten über Selbstfindung, Selbstbehauptung gegen sexuelle Übergriffe und die Kompliziertheit der Liebe.
PEGGY GOU
I Hear You (XL Recordings Ltd.)
Die südkoreanische Künstlerin, DJane und Produzentin Peggy Gou hat ihre zweite Heimat inzwischen in Berlin gefunden. Mit der Nummer „(It Goes Like) Nanana“ lieferte Peggy Gou den Sommerhit von 2023 und auch die Ende 2023 veröffentlichte Kollaboration mit Lenny Kravitz „I Believe in Love Again“ deutete es bereits an. Nun ist es amtlich: Mit dem Debütalbum „I Hear You“ taucht Peggy Gou wieder tief in die House-Musik der 90er Jahre ein und verbreitet kollektive Glücksgefühle dank balearischen, melodischen und tribalen Klängen.
girli
Matriarchy (All Points / Believe UK)
girli ist eine 26-jährige Musikerin aus London, die im richtigen Leben Amelia Toomey heisst. Auf ihrem zweiten Album ruft girli das Matriarchat aus. In 14 Songs beschreibt sie das Leben einer lesbischen Frau mit pinken Haaren und ihren Weg zum Feminismus und zu neuem Selbstbewusstsein nach einer schmerzhaften Trennung. Trotz der schwierigen Themen bleiben die Melodien leicht und erinnern an den Empowerment-Dance-Pop von Robyn, Charli XCX, Marina & The Diamonds oder Georgia.
BILLIE EILISH
Hit Me Hard And Soft (Darkroom/Interscope Records)
Auf ihrem dritten Album «Hit Me Hard And Soft» bildet Billie Eilish eine Art chemischer Reaktion von Härte und Weichheit. Ihre innere Zerrissenheit im Prozess des Erwachsenwerdens spiegelt sich in den neuen Songs wider, die oft zwischendrin das Tempo oder sogar die Stilrichtung wechseln. Die dunkle Pop-Fee schwankt zwischen sanften, gehauchten Balladen, Songwriter-Pop, Dance-Pop und emotionalen Ausbrüchen. Diese Spannung zwischen Eingängigkeit und Sperrigkeit prägt das ganze Album und verleiht ihm eine geschlossene Ästhetik. Aus queerer Sicht ist das Album sehr wichtig, da Billie Eilish nach ihrem unbeholfenen Coming-Out zum ersten Mal ihre Lust auf ihre weibliche Liebe explizit offenlegt.
CRYSTAL MURRAY
Sad Lovers & Giants (Because)
Auf ihrem Debüt “Sad Lovers & Giants” überschreitet Crystal Murray Genres und Grenzen und entwickelt ihren eigenen Stil. Der Umzug von Paris nach London hat der 22-Jährigen bestimmt geholfen, einen neuen Elan für ihre musikalische Weiterentwicklung zu finden. Auf «Sad Lovers & Giants» sind alle Facetten von Crystal Murray vereint: Synth-Pop (Starmaniak), sanfte Melancholie (Air, Dickstraction), Neo-Soul und Hyper-Pop (Payback). Flankiert von ihrem Produzent Kyu Steed liefert Crystal Murray ein intimes Werk, das sowohl Schönheit als auch Dunkelheit umfasst.
SANTA
Recommence-Moi (999 Productions, Warner France)
Santa, die lesbische Frontfrau Band Hyphen Hyphen, geht neu auf Solo-Pfad und hat ein ganzes Album auf Französisch eingespielt. Das war ein logischer Schritt nach dem massiven Erfolg ihrer ersten Single «Popcorn salé» von 2023. Auf «Recommence-Moi» ist der Einfluss von Michel Bergers «Starmania» und vor allem von Céline Dion und deren Album «D’eux» mit Jean-Jacques Goldmann unüberhörbar und stark wie nie. Auch bei Santas Chansons geht es um die Reinheit der Emotionen, die entstehen, wenn mensch seinem Herzen und seiner Intuition folgt.
ANGELINA MANGO
poké melodrama (ADA / Warner Music Italy)
Die Italienerin Angelina Mango ist die Tochter der zweiten Sängerin von Matia Bazar Laura Valente und des leider zu früh verstorbenen Liedermachers Pino Mango. Mit dieser DNA-Kombination war sie geradezu prädestiniert für eine steile Musikkarriere. 2023 gewann Angelina Mango die Talent-Fernsehshow «Amici» und im Februar 2024 das Sanremo-Festival mit «La Noia», der ihr einen stolzen 7. Platz beim diesjährigen ESC beschert hat. Der Albumtitel «poké melodrama» ist eine Anspielung an die vielen Zutaten einer Poké Bowl, dem hawaiianischen Nationalgericht, und an die grossen Gefühle. Angelina Mango unterzieht die traditionellen Canzoni und Herzensangelegenheiten einem urbanen und elektronischen Update. Die 14 Songs sind wie eine heterogene Wundertüte und wirken dennoch wie aus einem Guss. Angelina Mango ist also mehr als nur die italienische Rosàlia.
BEN PLATT
Honeymind (Interscope)
Das dritte Album des amerikanischen Musical-Darstellers, Schauspielers und Musikers Ben Platt hört sich in zweifacher Hinsicht wie ein Neubeginn an. Auf «Honeymind» fühlt sich Ben Platt zum ersten Mal pudelwohl in seiner schwulen Haut. Schon auf dem in Pastellfarben gehaltenen Albumcover umarmt er zärtlich seinen Verlobten auf dem Rücksitz eines alten Cabriolets. Offensichtlicher kann es nicht sein. Ben Platt besingt in 13 Songs den honigsüssen Zustand des Verliebtseins. Musikalisch orientiert er sich an einen intimen und folkigen Singersongwriter-Pop à la Art Garfunkel und Kacey Musgraves. Die stilistische Neuausrichtung wird ihm bestimmt neue künstlerische Horizonte eröffnen und vielleicht einen Country Music Award einbringen.
JOHN GRANT
The Art Of The Lie (Bella Union/Pias)
Auf seinem 7. Album “The Art Of The Lie” geht der 55-jährige John Grant nochmals durch die Hölle. Er erzählt wieder vom konservativ-methodistischen Umfeld seiner Familie, die ihn wegen seiner Homosexualität verstiess, von der Suche nach sich selbst, von der gesellschaftlichen Spaltung in den USA und von seiner Flucht nach Island. John Grant versucht, seinen Lebensschmerz mit alternativem und experimentellem Funk, Krautrock und Disco zu zähmen. Aber auch die Fans seiner barocken und herzzerreissenden Balladen können dank «Father», «Daddy» oder «The Child Catcher» auf ihre Kosten kommen.
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Playlist
Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im QueerUp Radio auf Radio RaBe
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