Deutschland traut sich!

Punkt 8 Uhr wurde heute Vormittag in Berlin die 244. Sitzung des Deutschen Bundestages eröffnet. Erstes Traktandum war ein Antrag zur Erweiterung der Tagesordnung – dem zugestimmt wurde – die Debatte über die Öffnung der Ehe konnte beginnen. Es seien ungewöhnlich viele Parlamentarier um diese Zeit schon da, meinte der Ratspräsident Norbert Lammert zu Beginn der historischen Debatte.

Der Regenbogen über dem Deutschen Bundestag (Bild: Facebook)


«Jeder dürfe in diesem Land so leben, wie er/sie es für richtig hält», sagte Thomas Oppermann von der SPD in seiner Rede. Die Öffnung der Ehe «nehme niemanden etwas». Auch nach der Abstimmung gehe der Kampf um die Gleichstellung weiter; damit Schwule und Lesben endlich angstfrei durch die Stadt gehen könnten, meinte Dieter Barsch von den Linken.

Volker Kauder, Unions-Fraktionschef, stellte in seiner Rede fest, dass es unterschiedliche Ansichten gebe. «Als Vorsitzender habe ich Respekt vor beiden Seiten», die Ehe sei aber eine Verbindung aus Mann und Frau – eine andere Verbindung sei «nicht das selbe». «Die Ehe für alle ist keine Frage des Geschmacks und des Bauchgefühls, sondern der Gerechtigkeit», war sich Eva Högl von der SPD in ihrer Rede sicher. Und bereits an die Zeit nach der Annahme der Ehe für alle dachte Harald Petzold von den Linken: Die Reform des «Transsexuellengesetzes» oder ein Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie seien notwendig. Für Jan-Marco Luczak von der CDU meinte: «Wenn wir die Ehe für alle beschliessen, setzen wir bürgerliche, konservative Politik um».
Nach der rund einstündigen Debatte wurde der Gesetzentwurf in zweiter Lesung per Handzeichen angenommen; es folgte als dritte Lesung die namentliche Abstimmung …

Kurz nach 9 Uhr gab dann der Ratspräsident Norbert Lammert das historische Resultat bekannt: Der Bundestag stimmte der Ehe für alle zu – mit 393 Ja-, 226 Nein-Stimmen bei vier Enthaltungen. Damit wird in Deutschland das Bürgerliche Gesetzbuch angepasst: «Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen» – mit allen Konsequenzen bis hin zum Adoptionsrecht.
Allerdings muss das soeben vom Bundestag verabschiedete Gesetz noch den Bundesrat passieren – was frühestens in dessen nächster Sitzung am 7. Juli geschehen kann. Legt der Bundesrat keinen Widerspruch ein, muss der Bundespräsident das Gesetz noch unterschreiben, es wird veröffentlicht – und die ersten gleichgeschlechtlichen Paare können voraussichtlich ab 1. Oktober heiraten. Von da an wird es in Deutschland die Lebenspartnerschaft nicht mehr geben: Bestehende Lebenspartnerschaften können ab diesem Zeitpunkt auf den Standesämtern in Ehen umgewandelt werden – alle damit verbundenen Rechte werden ihnen rückwirkend auf das Datum der Verpartnerung zuerkannt.

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