Gespräch mit Pink Cross Co-Präsident Michel Rudin

Anfang April 2016 wurde an der Mitgliederversammlung von Pink Cross das neue Co-Präsidium gewählt: Der Berner GLP-Grossrat Michel Rudin sowie der Westschweizer Sportwissenschaftler Laurent Paccaud. Für die GAYRADIO-Sendung vom 10. April 2016 hat Frank Geister mit Michel Rudin telefoniert und ihn darüber ausgefragt was ihn antreibt. So hat er bereits am Gymnasium seine Maturaarbeit zum Thema Christentum und Homosexualität geschrieben.

Von Frank Geister

Bild: Facebook

Die Co-Präsidenten von Pink Cross: Michel Rudin und Laurent Paccaud.

Es ist aus Michel Rudins Sicht kaum möglich, sich als Homosexueller nicht mit dem Thema LGBT zu beschäftigen. Ihn stört, dass noch immer für 95 Prozent der Menschen ein Coming-out eine Herausforderung darstelle. Rudin will an einer Normalität arbeiten. Ob die Anzahl Pink Cross Mitglieder von nur 2’200 nicht ein Hindernis seien? “Es stimmt, wenn man von fünf bis zehn Prozent Homosexuellen in der Schweiz ausgeht, hat es sicher noch Luft nach oben. Die letzten zwei Jahre sind wir jedoch gewachsen, woran wir weiterhin arbeiten wollen.”

Im Vergleich dazu hat alleine die Homosexuelle Arbeitsgruppe Bern (HAB) knapp 500 Mitglieder – der WWF Schweiz hat übrigens 260’000 Mitglieder. Diese Vergleiche lässt Rudin jedoch nicht gelten, da man die Mitglieder der HAB, von Network etc. zu Pink Cross mitzählen könne und dann auf zwei- bis vierhunderttausend organisierte homosexuelle Mitglieder komme.

Das Tätigkeitsprogramm für 2016 umfasst folgende Schwerpunkte:

  • Überzeugungs- und Öffentlichkeitsarbeit für die “Ehe für alle”, Stiefkind- und Volladoption sowie ein Diskriminierungsverbot von LGBT
  • Aufbau einer Meldestelle für homo- und transphobe Gewalt
  • Jugendkampagne gegen Homo- und Transphobie im Internet und an Schulen
  • Unterstützungsprojekte für geflüchtete LGBT-Menschen
  • Projektlancierung für ein Label für LGBT-freundliche Unternehmen

Ein häufiges Argument der Gegner von Volladoptionen lautet, dass ein adoptiertes Kind Vater und Mutter brauche um optimal aufwachsen zu können. Rudin betont, dass die Qualität der Betreuung entscheidend sei und nicht das Geschlecht der Eltern, was diverse Studien belegen. Eine australische Studie belegt gar, dass Kinder aus homosexuellen Partnerschaften glücklicher und gesünder seien als solche aus heterosexuellen Partnerschaften. (Crouch et al., [2014] Parent-reported measures of child health and wellbeing in same-sex parent families). In der Schweiz wachsen gemäss Schätzungen etwa 10’000 Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf. Rudin ergänzt, dass wir uns lösen müssen vom klassischen Familienbild aus dem 19. Jahrhundert, welches von konservativen Kreisen gepredigt wird, da es nicht mehr der Realität entspricht, wenn man die Anzahl Scheidungen und Patchwork-Familien anschaut. Die Politik dieser Kreise schaffe für die Regenbogenfamilien mehr Leid, als dass sie das Interesse des Kindes ins Zentrum stellen.

Angesichts einer steigenden Zahl von Asylgesuchen fragte ich auch, welche Unterstützungsprojekte Rudin für geflüchtete LGBT-Menschen plant. So sollen homosexuelle Asylsuchende vor Diskriminierung in Durchgangszentren geschützt werden. Ausserdem solle Homosexualität als Asylgrund gelten. Die humanitäre Tradition der Schweiz gelte es aufrechtzuerhalten, “wer bedroht ist, muss Schutz bekommen, egal ob hetero- oder homosexuell”. Obergrenzen hält Rudin für zynisch.

Zusammenfassend sagt Rudin, dass ihm die Zusammenarbeit in der Community besonders wichtig ist. Die Kommunikation soll jedoch noch verbessert werden, sodass weitere Kreise von der Bevölkerung für LGBT-Anliegen erreicht werden können. Bei links bis Mitte-rechts finden Anliegen von Pink Cross bereits Gehör. Künftig sollen aber auch Mehrheiten in der Mitte (z.B. bei der FDP) möglich sein, ohne dass dabei die Ziele verwässert werden.

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