Am 4. März stimmen wir Stimmbürger*innen über die Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» ab.
Mit diesen Gebührengeldern finanziert die SRG ihre Radio- und Fernsehprogramme zu 75 Prozent, die restlichen 25 Prozent durch Werbung. Zudem erhalten 34 lokale – darunter neun nicht-kommerzielle – Radio- und Fernsehsender Gelder aus dem Gebührentopf.
Das nicht-kommerzielle Radio Bern finanziert sich zu zwei Dritteln aus dem Gebührentopf und durch Mitgliederbeiträge – müsste also ohne dieses Geld den Betrieb wohl einstellen. Auch wird RaBe bei Annahme der Initiative die Konzession verlieren, da allen mit Gebühren finanzierten Medien die Sendelizenzen entzogen werden (und wiederum ersteigert werden müssten). Bei einem Lichterlöschen bei RaBe würde die Region Bern das letzte Medium mit tagesaktueller Berichterstattung verlieren, das nicht zu einem grossen Schweizer Medienkonzern gehört – Sendungen zu Politik und Gesellschaft, über die sonst niemand berichtet, würden verschwinden.
GAYRADIO und die monatlich zwölf Stunden Sendezeit
Müssten RaBe in Bern und LoRa in Zürich den Betrieb einstellen, würde auch GAYRADIO in der heutigen Form verschwinden. Wir GAYRADIO-Macher*innen verstehen uns seit 2003 als Sprachrohr der LGBT-Community. Monatlich produzieren wir in den Studios von RaBe und LoRa ehrenamtlich zwölf Stunden Programm mit News aus unserer Community, Diskussionen über für uns wichtige Themen zu Politik und Gesellschaft – und wir porträtieren Menschen, halten unsere Geschichte wach. Welche kommerzielle Radio- und Fernsehstation würde uns Studio und Sendezeit zur Verfügung stellen, ohne nach Einschaltquoten für den Verkauf von Werbespots zur Finanzierung zu fragen?
Mit einem JA am 4. März überlassen wir den audiovisuellen Medienmarkt den Regeln des Profits. Ob sich Sendungen, welche die Integration der verschiedenen schweizerischen Sprachgemeinschaften, Religionen, Generationen und weiteren gesellschaftlichen Gruppierungen mit Werbung finanzieren lassen? Oder Kultur abseits des Mainstreams? Bei einem JA werden in Zukunft Einschaltquoten und Werbung über die Produktion von Sendungen bestimmen – ausgewogener und kritischer Journalismus werden wohl verschwinden. Eine Leistung, die sich die schreibende Presse beispielsweise angesichts der schwindenden Werbeeinnahmen bereits heute immer weniger leisten kann.
Demokratiepolitisch ist die Initiative problematisch
Nach einem JA zu «NoBillag» ist in der Schweiz kein Medium mehr verpflichtet, ausgewogen über politische Themen zu berichten, die Bevölkerung zu informieren und zu bilden. Der Text in der Bundesverfassung, der dies garantiert, wird ersatzlos gestrichen. Ebenfalls aus der Verfassung gestrichen wird die für Radio- und Fernsehsendern vorgeschriebenen unabhängige Beschwerdeinstanzen. Wer sich also über eine Sendung beschweren will (Giacobbo/Müller, wir haben berichtet), muss zukünftig den teuren Rechtsweg einschlagen.
Die Initiative «JA zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» hat rund zweieinhalb Monate vor der Abstimmung eine reelle Chance, denn sie klingt eigentlich verlockend: Bei der Annahme der Initiative müssen wir keine lästigen Gebühren mehr bezahlen.
Wetter/Sport und andere (auch Radio) Moderatoren verdienen Löhne, dass normalen Arbeitenden schlecht wird … jedes Jahr versucht der brave Sven Epiney dem Volk den Eurovisions-Song-Contest als MEGA-Event schmackhaft zu machen und meint es interessiert die Welt.
Es geht bei der Abstimmung über die «NoBillag-Initiative» nicht darum, dass wir diesen «Linken vom Fernsehen» eins auswischen können. Es geht auch nicht darum, über Inhalte von Radio- und Fernsehprogrammen zu diskutieren. Es geht auch nicht darum, ob Radio und Fernsehen überhaupt noch zeitgemäss sind. Vielmehr geht es darum, dass die heutige Medienvielfalt und damit auch die unabhängige Information, welche für das Funktionieren unserer direkten Demokratie unverzichtbar ist, mit einer Annahme der «NoBillag-Initiative» zerschlagen wird.
Mir graust es vor einer Kommerzialisierung der Medienlandschaft durch finanzkräftige Investoren, die vor allem ihre Eigeninteressen durchsetzen wollen. Deshalb werde ich am 4. März ein klares NEIN zu «NoBillag» in die Urne werfen.
Daniel Frey