Am 7. Und 8. Mai strahlte der Sender Channel 4 (GB) die Sendung Genderquake, mit anschliessender Debatte aus dem Studio aus.
Um was ging es?
11 Menschen trafen sich in einem Haus auf dem Land in Sussex. Sie kannten sich nicht, sahen sich das erste Mal in ihrem Leben. Repräsentiert waren Gays, Lesbians, Transmenschen, eine Inter* Person, Genderfluids, Genderqueers und Non-Binaries sowie 2 Cis Menschen. Alle gehören einer Genration an, ihr Alter ist zwischen 19 und 32 Jahren. Während einem Monat lebten die 11 unter einem Dach, eine Reality Show in Big Brother Manier, mit dem Unterschied, sie durften das Haus auch verlassen und sich in ‚der Welt da draussen‘ frei bewegen.
Fazit
Es ist müssig über Sinn und Zweck eines solchen Experimentes zu diskutieren. Es gibt da ebenso viele Meinungen wie es Diversitäten unter den 11 Bewohnern gibt. Dennoch passieren sehr interessante Dinge, unvorhersehbar zuweilen, aber für Community Mitglieder manchmal ganz einfach erwartet. Es ist aber die Offenheit der Bewohner unter einander, die eine Basis für teils hitzige Diskussionen, für erstaunliche Aussagen legt und auch zu Konfrontationen führt. Der Feld, Wald und Wiesen Zuschauer, der sich nicht oder kaum je mit dem Thema Gender und dessen Vielfalt beschäftigt hat, wird manchmal staunen und manchmal raunen, die Community Mitglieder werden sich in vielen Situationen selber wieder finden. Erstaunlich wie wenig die jeweiligen Vertreter einer der Genderzweige über die anderen wissen, und weniger erstaunlich wie die beiden Cis Menschen (m und f) so überhaupt gar nicht wissen, dass es ausser m und f noch anderes gibt. Unmöglich an dieser Stelle im Detail über die Vorgänge im Haus und ausserhalb einzugehen. Ich picke mal ein paar Dinge heraus die mich persönlich berührt und beeindruckt haben:
- Die Cis Menschen haben keine Ahnung von anderen Gendervarianten, aber am Ende des Monats sagen sie beide sie haben gelernt, viel gelernt.
- Transmann Romario geht als einziges Mitglied durch Himmel und Hölle. Er kommt in das Haus als Mann, outet sich bewusst nicht als Trans. Zuerst kommt er Cis Frau Filomena näher, dann gibt es bei einem Ausflug ans Meer erste Tuscheleien (die Narben seiner Masektomie werden deutlich sichtbar) und in der Folge wird Romario von Markus (gay) gegenüber von Filomena, die von nichts weiss, geoutet. Das führt zur einzigen wirklichen Krisensituation im Haus (verständlicherweise!). Erstaunlich allerdings wie die Bewohner damit umgehen können und die Krise bewältigen.
- Inter* Frau Brooke (Klinefelter Syndrom) geht zusammen mit den beiden Transfrauen in ihre alte Schule (all-boys school) und erzählt da wie sie sich in der Schulzeit fühlte, wie schwierig es war und wie sie damit fertig wurde. Sie ist es auch die eine interessante Aussage macht: Ihr Körper habe sich im Alter von 13 Jahren selber transitioniert, und, sie bezeichnet sich selber heute nicht als Inter* sondern als heterosexuelle Transfrau.
- Non-binary Saffron erklärt im Local Pub ein paar älteren Herren was es ausser m und f noch so alles gibt und wo die Probleme für diese ‚anderen‘ Menschen liegen, mit erstaunlichen Reaktionen, positiv und negativ.
Ich finde das Experiment gelungen, lehrreich vor allem für Leute die keine Ahnung haben von den Gendervarianten. Es braucht Mut und Hartnäckigkeit sowas durchzuziehen, Channel 4 hat es gewagt, Channel 4 hat eine Tür aufgestossen.
Im Nachschlag zur Sendung gab es eine Debatte. Mit viel Prominenz im Studio und Zuschauern. Caitlyn Jenner (wer kennt sie nicht…), Munroe Bergdorf (Trans Model und Aktivistin), Germaine Greer (australische Feministin) und andere. Das war im Gegensatz zur Reality Show eine hitzige Angelegenheit, und extrem Trans* lastig. Da wurden auch schon mal transphobe Zwischenrufe aus dem Publikum gehört, Germaine Greer auf Grund einiger transphober Aussagen im Vorfeld von der Moderatorin Cathy Newman aber sowas von in den Senkel gestellt.
Genderquake und die Debatte dazu gibt es hier zum nachschauen (ich empfehle das zu tun):
http://www.channel4.com/programmes/genderquake
Pink News hat einen Artikel in dem die Gründe genannt werden, warum verschiedene Aktivisten eine Teilnahme an der Debatte abgesagt haben, auch sehr lesenswert. Jeder soll sich seine eigene Meinung dazu bilden:
https://www.pinknews.co.uk/2018/05/08/genderquake-channel-4-boycott-transgender-activists-allies/
Die Daily Mail eine sehr guten Artikel zur Debatte:
http://www.dailymail.co.uk/femail/article-5708261/Viewers-slam-appalling-Channel-4-Genderquake-debate.html
Die Sendungen zum Thema Gender gehen noch weiter
10.5.18, 23 Uhr MEZ, Riot Girls
16.5.18, 23 Uhr MEZ, Munroe Bergdorf’s Dokumentation ‚What makes a woman?’