Die Gleichstellungskommission des Kantons Basel-Stadt und das Kollektiv «Create Equality» luden am 10. September Interessierte zu einem Austausch von Best Practices aus dem In- und Ausland sowie einer Bedürfnisklärung der Basler (LGBTI*-) Bevölkerung ein.
Hintergrund der Veranstaltung ist ein im letzten Herbst an den Regierungsrat überwiesener Anzug. Dieser fordert vom Regierungsrat bis im November 2019 in Form eines Berichts die Klärung der Zuständigkeiten sowie eine kantonale Anlaufstelle für LGBTI*-Anliegen (siehe News auf QueerUp vom September 2017).
Die für die Erarbeitung zuständige Fachstelle für Gleichstellung von Frauen und Männern Basel-Stadt hatte auf Anregung von «Create Equality» im Frühjahr zu einem ersten runden Tisch mit regionalen und nationalen LGBT-Organisationen und Akteur*innen eingeladen, an welchem eine Bedarfsanalyse aus Sicht der Partizipierenden erstellt wurde.
Anlässlich der Veranstaltung «Aktionsplan LGBTIQ für Basel» vom letzten Montag wurde nun zusätzlich nach den Bedürfnissen aus der Bevölkerung gefragt. Unter anderem wurden Antworten auf die folgenden Fragen gesucht: Wie kann eine Anlaufstelle für LGBTIQ-Anliegen geschaffen werden? Welche Lösungen und Vorgehensweisen kennen Fachstellen im In- und Ausland? Welche Bedürfnisse haben Vertreter*innen der (LGBTI*-)Gesellschaft und wie kann eine Anlaufstelle diese erfüllen?
Erfahrungen aus Hamburg und Bern
Grossrätin Lisa Mathys (SP) leitete den Abend mit einem Grusswort sowie Gedanken- und Wortspielen zu den Begriffen „gleich“ und „anders“ ein. Im Anschluss gab Malcolm Elmiger vom Kollektiv «Create Equality» einen kurzen Abriss über den aktuellen Stand des Geschäftes bezüglich Aktionsplan LGBTIQ für Basel.
Erste Hauptreferentin war Dorothee Bramlage, welche in Hamburg für die Umsetzung des «Aktionsplans für mehr Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt» zuständig ist. Aufgrund eines Senatsbeschlusses im Jahr 2017 wurde unter der Koordination der «Stabsstelle Gleichstellung und geschlechtliche Vielfalt der Stadt Hamburg» gemeinsam mit Fachstellen und Behördenvertretern ein Aktionsplan erarbeitet, welcher aus 5 Grundsätzen, 11 Handlungsfeldern und 90 Massnahmen besteht. Gemäss Bramlage lagen bzw. liegen die grössten Herausforderungen im fehlenden Budget für die Aufgabe, den teils (noch) unklaren Zuständigkeiten sowie der zu leistenden Pionierarbeit.
Aus der Stadt Bern überbrachte Marianne Kauer, seit diesem Frühling Projektleiterin LGBTI der «Fachstelle für die Gleichstellung von Frau und Mann» erste Erfahrungen. Die städtische Fachstelle ist seit diesem Jahr auch für die Gleichstellung von LGBTI-Menschen zuständig. Zurückzuführen ist die Erweiterung auf zwei für erheblich erklärte parlamentarische Vorstösse (Postulat im Jahre 2014 und Motion im Jahre 2015). Die Förderung der Vielfalt der Bevölkerung – auch explizit von LGBTI-Menschen – ist als Ziel in den Legislaturrichtlinien 2017-2020 der Stadt Bern festgehalten und im Rahmen der Entwicklung des Aktionsplanes zur Gleichstellung 2019-2022 werden neben Massnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern neu auch Massnahmen zur Gleichstellung von LGBTI-Menschen integriert. Die Fachstelle für die Gleichstellung unterstützt und koordiniert den Prozess. Die Identifizierung konkreter möglicher Handlungsfelder und die Priorisierung von Massnahmen erfolgt in den kommenden Monaten unter Einbezug von LGBTI*-Organisationen und Interessensvertreter*innen aus der Community. Der Beitritt zum «Rainbow Cities Network» sei zwar noch ausstehend, wird aber angestrebt. Auf Nachfrage aus dem Publikum erwähnt Kauer, dass aufgrund der Erweiterung des Gleichstellungsauftrages und der Integration des neuen Themenbereiches ausserdem zusätzliche finanzielle Mittel gesprochen und eine neue Projektleitungsstelle geschaffen wurden.
Die Bedürfnisse der Basler
Im Anschluss an die Referate waren die Anwesenden zu einem Apéro sowie parallel einem kurzen Workshop eingeladen. Auf Flipcharts wurden die Anliegen der Basler (LGBTI*-)Bevölkerung bzw. der anwesenden rund 60 Personen gesammelt. Darunter waren beispielsweise der Wunsch nach einer Kontaktstelle beim Kanton, mehr Treffpunkte und Möglichkeiten für den Austausch, mehr Unterstützung von offizieller Seite bei Diskriminierung, Prävention in Schulen, finanzielle Mittel, rechtliche Beratung oder generell mehr Sensibilisierung für LGBTI*-Themen.
Die Inputs aus dem Workshop werden nun in einem nächsten Schritt von der Gleichstellungskommission aufbereitet und sollen als Stimmungsbild zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam mit einem Vorschlag an die Regierung übergeben werden.
Am Rande der Veranstaltung kamen auch kritische Stimmen auf, ob es denn überhaupt eine staatliche Stelle neben den vielen existierenden LGBTI*-Organisationen. Sowohl Roman Heggli, Vizepräsident der Gleichstellungskommission als auch Malcolm Helmiger vom Kollektiv «Create Equality» sehen jedoch keine Konkurrenzsituation. Gemäss Heggli wäre eine Doppelfunktion ideal, welche nach aussen für die Bevölkerung als Wegweiser und Vermittler bestehender Angebote aufträte und innerhalb der Verwaltung für Aufklärung und Sensibilisierung der LGBTI*-Themen sorgen würde.
Mehr Klarheit zu den konkreten Schritten wird hoffentlich der Bericht liefern, welcher der Regierungsrat bis spätestens November 2019 vorlegen muss.